Freiheit

Freiheit

Sonntag, 19. Oktober 2014

Morgens halb 7 in Deutschland

Guten Morgen, liebe Sorgen, seid ihr auch schon wieder da. Habt ihr auch so gut geschlafen. Na, dann ist ja alles klar! 
(Lied von Jürgen von der Lippe) 

Zeit zum Aufstehen. Erna ist wie gesagt schon ne ganze Weile da. Verfolgt mich in den Schlaf und triezt mich auch dort so lange, bis ich endlich, wie durch einen Faustschlag in den Magen, freiwillig aufwache. Und das nun jeden Morgen seit Monaten. Schön ist anders. 

Wenn mein Magen und die Angst sich soweit beruhigt haben, dass ich mich aus dem Bett hieven kann, schlingt von hinten die Depression ihre Klauen um mich. Schmiegt sich an mich wie eine Geliebte und raunt mir verführerisch ins Ohr:,,Bleib hier! Leg dich wieder hin! Komm zu mir! Hier ist es doch viel kuscheliger und wärmer, als draußen. 
Lass dich fallen und versinke in meiner Tiefe des Vergessens. Draußen ist alles wie immer. Grau und trist. Es ändert sich nichts. Niemals. Alles wird so bleiben. Trostlos und leer. Wozu überhaupt aufstehen. Ist die Mühe nicht wert. Bleib lieber hier!" 

Es ist schon sehr verlockend, dieses Angebot. Während ich schon überlege, welche Entschuldigung ich vorbringen könnte, um doch nicht aufzustehen, flüstert sie weiter in mein Ohr und meine Augen werden schwer. So einfach, es wäre so einfach nachzugeben. Nur heute. Einfach wieder in den Schlaf driften und vergessen. Nur dieses eine Mal. Morgen stehe ich auf. Bestimmt

Wie durch einen Wattebausch höre ich die Depression weiter auf mich einreden. 
,,Lass dich fallen. Versinke. Es wartet eh nichts und niemand draußen auf dich." 

Plötzlich bin ich hellwach und drehe mich zu ihr um. Ärger und Wut pumpen durch meine Venen. Die Depression sieht mich mit schreckensweiten Augen an. Sowas ist sie von mir nicht gewöhnt. Aber ich fange gerade erst an und packe sie am Schlawittchen. 
,,Jetzt paß mal auf, du blöde Kuh! Es mag ja sein, dass da draußen nichts und niemand auf mich wartet. Hier drin aber auch nicht. Ich habe genug Zeit hier bei dir verbracht und gehofft, dass sich von selbst alles ändert und zum Besseren wendet. Und nu is Schluß damit! Ich werde selbst alles zum Besten für mich ändern! So! Und merk dir eins - DU hast hier gar nichts zu sagen. ICH bin der Bestimmer! Basta!!" 
Gesagt, getan und aus dem Bett raus. Ha, der hab ich's gezeigt. 

Ich weiß, damit habe ich eine Schlacht gewonnen, aber noch nicht den ganzen Krieg. Aber jede weitere gewonnene Schlacht, egal wie klein, bringt mich ein Stück weiter ans Ziel - Depressionsfrei und ohne Erna leben zu können. 

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