Freiheit

Freiheit

Samstag, 28. September 2013

Jeder Jeck is anders


Als ich am Freitag wieder die Wohlfühl-Entspannungsoase betrat, um mein Bad zu nehmen, war zu meinem Entsetzen in meiner abgetrennten Parzelle das Halogenlicht eingeschaltet, so dass ich die liebevoll gestaltete Innenausstattung nun auch voll ausgeleuchtet betrachten konnte. 
Daher muss ich meinen ersten Eindruck ergänzen:
Es hat nicht nur den Charme einer Metzgerei, sondern auch den Flair einer sterilen Gerichtspathologie. 
Da Schlauch, Türrahmen und Vorhang, um alles noch heimeliger wirken zu lassen, in einem blassen, kalten Mintgrün gehalten sind, durfte nun mein Badezusatz natürlich farblich nicht aus der Rolle fallen. 
Während ich nun in der Kuhtränke vor mich hindümpelte (seltsamerweise habe ich genau hier die besten kreativen Einfälle) und meinen ohnehin schon blassen Körper betrachtete, der im grünlichen, voll ausgeleuchteten Nass dem einer Wasserleiche ähnelte, dachte ich darüber nach, wieso man depressive Kranke zur ,Entspannung' in diese Katakomben schickt. 
Denken sie, es geht den Patienten eh so schlecht, es wird ihnen wie das Paradies auf Erden vorkommen (deswegen wahrscheinlich der Hang zur Farbe grün). Oder soll uns die Farbe Hoffnung geben - wer hier Entspannung findet, der schafft spielend auch den Rest?! 

Tja, ich hab es noch nicht herausgefunden, aber: jeder Jeck is eben anders ;-) 

Et kütt wie et kütt


Gestern war Halbzeit. In 2,5 Wochen bin ich wieder zu Hause. 
Das weckt sehr gemischte Gefühle in mir. Einerseits freue ich mich darauf einige Leute wiederzusehen und wieder in meiner vertrauten Umgebung zu sein. Andererseits muss ich mich dann auch mit den Personen und Dingen auseinandersetzen, die mich behindern und mich ständig auf der Stelle treten lassen. Vor allem mit mir selbst. 
Außerdem verlasse ich damit den schützenden Kokon, der mich hier umgibt. 
Werde ich eine Raupe sein, am Boden kriechend und nur langsam und beschwerlich die Hindernisse überwinden und vorankommen, oder werde ich als schillernder Schmetterling hervorkommen, der sich von allem ihn beengendem befreit hat und sich in die Lüfte erhebt.  

Ich frage mich, wie lange sich das hier Erlernte in meinen Alltag integrieren lässt bzw. ich es auch wirklich umsetze. 
Wie lange werde ich zu Hause brauchen, um meinen inneren Schweinehund wieder einzufangen und in seine fensterlose Hütte zu sperren? Denn hier darf er legitim seine Freiheit genießen, ganz behäbig über die weiß-grün gefliesten Entspannungsfelder trotten und sich im Mittagsschläfchen suhlen. 
Oder sollte ich ihn nicht wegsperren und ihn stattdessen lieber an die kurze Leine nehmen und ihm jeden Tag Spielzeit einräumen? Wäre er dann einfacher zu besänftigen? Ich kann verstehen, dass er mir misstraut. Wie oft schon habe ich ihn mit säuselnder Stimme und Kauknochen eingelullt und eingesperrt. 

Zur Unterstützung habe ich mir einige Bücher zu diversen Entspannungstechniken gekauft. Theoretisch bin ich also fit auf diesem Gebiet. Gedanklich sehe ich mich selbst glücklich als beineverknotende, tiefenentspannte Yogini. Praktisch gesehen - nun ja... Ich nehme mir jeden Abend vor schön brav am nächsten Tag die Yoga- und Atemübungen zu machen. Dann ist das Bett meist aber ausgerechnet an diesem Morgen viel bequemer als der harte Boden und Zeit für sich selbst ist hier ja eh rar gesät (hüstl...). 

Meine Therapeutin sagt, was lange kommt, braucht auch lange, um wieder zu gehen und dass ich geduldiger mit mir selbst sein soll. 

Kurzum, erzwingen kann ich nichts und et kütt wie et kütt.....

Mittwoch, 25. September 2013

Ich Chef - Du nix

Heute hatten wir auf dem Therapieplan eine Ruderbootfahrt stehen. Ich war der Trommler und beschreibe es wie folgt :-)

Aus dem Tagebuch eines Galeeren Trommlers (a.D.): 

Der See war ruhig, die Luft kalt und klar, die Vögel zwitscherten vergnügt in den Bäumen - kurzum es war der ideale Tag für eine Rudertour zu Wasser. 

Somit beste Voraussetzungen für meine heutige  Mannschaft, bestehend aus zehn Landratten, die den Reha-Kurs ,Nie wieder burn out' verordnet bekommen hatten. 
Von mir liebevoll umbenannt in ,Schlimmer geht immer- Sklaverei für Jedermann'. 

Ihren verweichlichten Reaktionen nach zu urteilen, hatten sie wohl nie zuvor ein Ruderboot gesehen bzw. betreten (Ja, man fährt damit auf einem SEE und man kann tatsächlich NASS werden, denn die schön glänzende Oberfläche, in der Sie ihr Spiegelbild bewundern, besteht nunmal aus WASSER!!!). 

Kaum hatten wir uns ein paar Schläge vom Ufer entfernt, kamen auch schon die ersten Beschwerden: 
,,mimimi, meinRücken tut weh, meine Finger werden ganz schrumplig vom Wasser, der Fahrtwind bringt meine Frisur durcheinander (auf einem RUDERboot!)".

Was gelobe ich mir da doch längst vergangene Zeiten - wir saßen noch unter Deck, es roch nach Angst, Dreck und Schweiß und wer gejammert und nicht gespurt hat, bekam meine Peitsche zu spüren. 

Heutzutage werden die Teilnehmer weder verschleppt noch versklavt und müssen sich keine Glatze scheren, sondern dürfen ihre wallende Haarpracht behalten (Fahrtwind, pah). 

Selbst die Alten und Schwachen wurden mit zurück an Land genommen und nicht, wie in der guten alten Zeit, aus Kostengründen über Bord geschmissen. 

Trotzdem waren auf mein gebrülltes Kommando: ,,Morgen selbe Zeit, selber Ort!" die Reaktionen, abgesehen von dem mir entgegen fliegenden Paddel, eher verhalten. 

Ich an dieser Stelle kann nur sagen: 
,,Ick freu mir - trotzdem!"

Dienstag, 24. September 2013

Nur die Harten kommen in den Garten, wa!

Guten Morgen!

Ich bin nun seit zwei Wochen in der Reha.

Allein der Brief des Kostenträgers, das meine Reha bewilligt wurde, hat mich wieder in eine
Angstattacke geführt. Erst meine Kunsttherapeutin konnte mich 1,5 Wochen später aus dieser wieder
rausholen.

Seit einer Woche ist nun auch die innere Unruhe verschwunden, zusammen mit dem Zittern.
Ich esse nun wie ein Scheunendrescher. Ich habe hier meine Vorliebe für Nusspli entdeckt. Mittlerweile bin ich bei vier!! gerösteten Weißbrotscheiben mit Nusspli zum Frühstück angekommen.
Alles in allem fühle ich mich wohl hier und ich kann richtig runterkommen. Mein Körper verordnete mir auch direkt eine Erholungspause, denn seit Anfang letzter Woche bin ich erkältet.


Gerade hatte ich daher mein Medizinisches ,Entspannungsbad'. Entspannung umfasst schließlich einen großen Teil meiner Rehamaßnahme.
Frohen Mutes begab ich mich also dann hinunter in die Badelandschaft der Klinik.
Nachdem ich zehn Minuten gewartet hatte, kam eine entnervte Schwester um die Ecke gerauscht und teilte mir mit, sie habe schon mehrmals zum Baden aufgerufen (das liebliche Stimmchen hatte ich wohl glatt überhört!).
So ginge das natürlich nicht und mir wurde die verlorene Zeit auch direkt von meiner Entspannungszeit abgezogen.

Sie führte mich nach der Standpauke zu meiner Badewanne und ich stellte fest, dass
die hiesige Badelandschaft in etwa den Charme einer Metzgerei besitzt:
Weiße Fliesen, weiße Kacheln und die Badewannen, in Form und Aussehen wie Kuhtränken, nur durch mintgrüne Vorhänge voneinander
getrennt. An den Wänden hingen farblich abgestimmte Schläuche (wahrscheinlich zum Abspritzen der ganz hartgesotteten Entspannungssuchenden nach dem Baden).

Nachdem ich mich in meiner Wanne niedergelassen hatte, ging die Entspannung auch schon los - natürlich nach Stoppuhr.

15 Minuten lang lauschte ich also dem Ticken der Uhr und dem Schnauben meines Badenachbarn, das fröhlich von den Wänden widerhallte.

Nach dem Klingeln der Uhr packte ich schnellstmöglich meine sieben Sachen und suchte das Weite. Das Abspritzen mit dem Schlauch wäre doch zuviel des Guten gewesen.
Fazit: Das Entspannendste an der ganzen Sache war das Warten im Empfangsbereich.

Ansonsten ist das Motto dort unten wohl:
Nur die Harten kommen in den Garten, wa!