Es ging mir auch wirklich gut. Ich habe meine Yogalehrer - Ausbildung genossen und regelmäßig Yoga zu Hause gemacht. Jeden Sonntag gab ich Privatstunden für ein paar Freunde und Bekannte. Ich hatte endlich Zeit für mich. Konnte Sport machen und auch am Wochenende Unternehmungen.
Leider kommt nach so einem Hoch oftmals auch wieder ein Tief. Und genau das kam. Langsam, schleichend. Hat sich von hinten an mich angepirscht.
Auf der Arbeit wurde es immer unerträglicher. Nur Brüllerei. Meine Kollegin und ich sind nur noch auf Zehenspitzen um unseren Chef geschlichen. Sie hat es sehr passend beschrieben: Es ist, als würden wir auf einem Pulverfass sitzen, das jeden Moment wieder hochgehen kann. Als es mir gut ging, ist das alles noch relativ an mir abgeprallt. Die Arbeit war nicht mehr mein Mittelpunkt. Ich hatte ja jetzt ein Leben außerhalb des Jobs.
Leider musste ich auf Grund des hohen Arbeitsaufwands meine Stunden wieder von 30 auf 35 die Woche erhöhen, da ich mir dachte, dass ich auch dafür bezahlt werden kann, wenn ich sowieso schon andauernd Überstunden mache und mehr als Vollzeit arbeite. Als dann noch ein Kollege krank wurde und ich seine Arbeit aufs Auge gedrückt bekam - als Teilzeitkraft und ohne nachfragen, ob ich noch Kapazität habe oder nicht - ging es langsam aber sicher wieder bergab. Dazu noch das unangenehme Arbeitsklima mit meinem Chef und mein Schutzwall bröckelte Steinchen für Steinchen in sich zusammen.
Freizeit wurde wieder zum Luxusgut.
Aber ich dachte, ich habe noch Reserven und fing eine Ausbildung zur Heilpraktikerin an, die jedes Wochenende stattfindet. Wie bestimmt schon erwähnt, bin ich äußerst masochistisch veranlagt. Anders kann ich es mir nicht erklären.
Denn anstatt mir Ruhe und Entspannung zu gönnen, setzt ich noch einen drauf und mache mir noch Freizeitstress. Mein Hintergedanke war, dass ich zwei Jahre noch aushalten muss, dann hätte ich die Ausbildung beendet und könnte mich in einer Gemeinschaftspraxis als HP selbstständig machen. Aber zwei Jahre können echt lang werden, wenn du schon wieder in die Knie gezwungen wurdest.
Und auch all meine Stress-Symptome kamen trotz täglicher Tablette wieder:
Die Albträume. Die Schlaflosigkeit ab 03.00/03.30 Uhr jede Nacht, egal wann ich ins Bett gehe. Die Schwächegefühle in meinen Armen. Die Hitze, die mir durch die Arme bis in die Fingerspitzen schießt. Migräne an fast jedem Wochenende. Schmerzen auf der linken Seite im Brust- und Rückenbereich. Wenn ich frei habe, schlafe ich, da ich wieder so erschöpft bin. Oftmals komme ich von der Arbeit und gehe direkt ins Bett. Glücklicherweise habe ich bisher noch nicht die Angst wieder so stark, dass sie komplett meine Gedanken bestimmt und ich wie mit Scheuklappen nur noch auf sie fokussiert bin.
Anfang diesen Jahres wurde es wieder so schlimm, dass ich dachte, ich müsste mich wieder krankschreiben lassen und in die Reha gehen. Die Wirkung der Tablette, die ich täglich morgens nehme, ließ nach. Anscheinend ist die Dosierung nicht mehr hoch genug, aber ich will nicht noch mehr Tabletten nehmen. Daher erhöhe ich die Dosierung nicht.
Erna wohnt natürlich immer noch bei mir. Mit dem Ausziehen hat sie's nicht so. Dafür gefällt es ihr viel zu gut bei mir. Erna ist bei mir richtig aufgeblüht. Sie hat nun bei einem ihrer VHS Seniorenkurse einen älteren Herren kennengelernt. Er heißt Fred. Fred Frust. Sehr zu meinem Verdruß wohnt Fred nun quasi auch bei uns. Wie du dir vorstellen kannst, ist das Zusammenleben mit den beiden älteren Herrschaften nicht immer einfach. Aber dazu in einem anderen Blogpost mehr.
Die HP Ausbildung habe ich erstmal auf Eis gelegt. Leider muss ich weiterhin bezahlen. Was nicht gerade wenig ist. Aber somit habe ich zumindest die Wochenenden wieder frei. Da ich die Yogalehrer - Ausbildung mit Zertifikat bestanden habe, gebe ich selbst nun Yoga - Workshops. Auch hierbei heißt es 'Gut Ding will Weil haben', denn leider etabliert sich die Teilnehmerzahl nur sehr schleppend. Ich muss mir natürlich erstmal einen Namen machen. Und da ich noch einen festen Job habe, ist es nicht so einfach nebenbei noch Yoga zu unterrichten. Zumindest unter der Woche.
Was mir aber am meisten widerstrebt ist, dass ich keinen Spaß mehr habe. Mir ist nicht mehr zum Lachen oder zum Albern sein zumute ist. Von fröhlich sein ganz zu schweigen. Kennst du das? Wenn du dich so dumpf und müde fühlst, als wärst du in einer Wolke und bekommst alles um dich rum nur noch durch einen Schleier mit und nichts kommt richtig an dich ran. So fühle ich mich. Als würde mein Körper auf Sparflamme laufen. All meine Kraft geht wieder nur dafür drauf, dass ich meine Arbeit einigermaßen hinbekomme und für andere Dinge reicht sie leider nicht mehr aus.
Ich frage mich, was nur mit mir passiert ist, dass ich so wurde. So unlustig. So verkrampft. So unglaublich müde. So sehr Stock-im-Arsch-mäßig. Denn so fühle ich mich. Ich meine, in dem Sektor, in dem ich arbeite, ist nicht viel Platz für Andersartigkeit, Freigeist und Kreativität. Und was nicht passt wird eben passend gemacht. Ich habe mich so sehr in diese Form gezwängt und gepresst, um dazuzugehören und reinzupassen, dass ich mich selbst so sehr verformt habe und ich nicht weiß, ob ich jemals wieder ich selbst sein werde.
Wenn ich in den Spiegel schaue, blicken mir wieder zwei traurige Augen entgegen. Die Falten um meinen Mund werden immer tiefer und die Mundwinkel zeigen langsam aber sicher nach unten. Und das will ich nicht. Ich will es einfach nicht. Ich will nicht so kaputt sein. So fertig. So um jede Lebenslust beraubt.
Ich will lachen bis mir die Tränen kommen. Singen bis ich heiser bin. Tanzen, so ausgelassen, dass mir schwindelig wird. Lieben bis die Schmetterlinge durch meinen ganzen Körper rasen. Und einfach genießen können.
Um wieder ein bisschen zu mir selbst zu finden, gönne ich mir nun seit Anfang April einen Urlaub in Südafrika. Ganz allein. Ich kenne hier niemanden. Bin aber in ein Haus gezogen, in dem ich mit ca. 20 anderen Personen lebe. Und ich bin total begeistert!! Hier könnte ich es mir vorstellen den europäischen Winter zu verbringen, denn dann ist hier Sommer. Das wäre toll! Wenn ich weiterhin an meinen beiden weiteren beruflichen Standbeinen arbeite, hoffe ich, dass sich dieser Traum bald erfüllen wird. Seitdem ich hier bin sind auch die Alpträume und die Schmerzen weg. Ich schlafe zwar immer noch viel zu wenig, aber ich bin hier so entspannt, wie schon lange nicht mehr.
Du fragst dich, ob ich Heimweh habe? Ehrlich gesagt - nein. Nicht mal einen Anflug von Heimweh. Dafür fühle ich mich zu gut hier. Und ich glaube, dass nur die Personen Heimweh haben, die ein richtiges 'Heim' haben. Die sich dort geborgen fühlen. Geliebt. Die jemanden haben, der auf sie wartet. Die nicht erst in die Ferne streifen müssen, um sich als Ganzes zu fühlen. Und um endlich nochmal glücklich zu sein.
Was ich damit meine ist, dass es für mich keinen Unterschied macht, ob ich in meinem Heimatort bin oder hier. Ich sehe meine Familie auch nur alle paar Monate, wenn ich daheim bin und wir kommunizieren per WhatsApp. Daher könnte ich schon drei Monate am Stück hier bleiben auch ohne Heimweh.
Hier habe ich mein eigenes Zimmer mit Bad und kann mich dorthin zurückziehen, wenn ich allein sein will. Ich kann aber auch in den Gemeinschafts- und Arbeitsraum gehen, wo alle sind, um zu essen, zu arbeiten oder zu quatschen. Und das fehlt mir zu Hause. Das Gemeinschaftsgefühl, das wir hier haben. Die gemeinsamen Unternehmungen. Das Beisammensein beim Arbeiten, Essen etc.
Da ich leider in 2 Tagen wieder zurück nach Hause fliege und in 4 wieder arbeiten muss, merke ich, wie meine Stimmung wieder drastisch sinkt. Ich habe Magenprobleme und grübele wieder viel. Auch ziehe ich mich von den anderen Leuten um mich herum zurück. Ich hoffe, ich kann morgen wenigstens noch ein bisschen die Gedanken an zu Hause wegdrängen und den letzten Tag hier genießen.
Hast du in letzter Zeit auch eine Krise durchgemacht? Wie bist du damit umgegangen? Hinterlass mir doch eine Nachricht in den Kommentaren.