Freiheit

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Montag, 1. Juni 2015

Wo ist der Reset-Knopf für mein Leben

Anmerkung: Geschrieben schon im März 2015

Seit fast einem Monat habe ich nun wieder einen Durchhänger. Mal sehr freundlich ausgedrückt. Ich bin wieder mental und physisch so erschöpft, dass ich, wenn ich frei habe, wieder nur noch schlafe. Das macht mich unzufrieden, weil ich lieber etwas unternehmen würde, aber zu erschöpft dafür bin.

Wenn ich daran denke, dass es mir in Australien so gut ging und das gerade mal 6 Wochen her ist, kommt es mir vor, wie ein anderes Leben. Wie kann es sein, dass ich schon wieder so fix und fertig bin?!?! 

Letzte Woche Donnerstag hatte ich ein Gespräch mit meiner Therapeutin. Sie hat noch nie so Klartext mit mir gesprochen. Ich weiß zwar alles, was sie gesagt hat, aber dass sie es dann so geradeaus gesagt hat, hat mich dann doch nachdenklich, sehr sehr nachdenklich, gemacht. Es hat mir sehr zu Denken gegeben. Und ich denke eh schon viel, aber nun steigen kleine Rauchwölkchen aus meinem Kopf auf. Denn ich habe einfach keine Lösung für mein Problem. Und ich merke, wie mich das krank macht. Und ich habe Angst, dass sich daraus eine organische Krankheit entwickelt. 

Kurzfassung: Meine Therapeutin sagte, dass ich etwas ändern muss und zwar schnell. Denn so wie ich in letzter Zeit erzähle, klinge ich manchmal schon sehr verbittert. Und das ich aufpassen muss, dass ich nicht vollkommen verbittere. Das wäre zu schade um mich. 

Aber ich habe Angst. Angst vor Veränderungen. Angst davor das Falsche zu machen und die Entscheidung nicht rückgängig machen zu können. Ich weiß, dass vor allem mein Chef das Hauptproblem ist. Sein Verhalten uns gegenüber wird schlimmer und schlimmer. Und ich dachte wirklich nicht, dass das noch möglich ist. Aber er schafft es immer wieder in dieser Hinsicht mich zu überraschen. Es ist furchtbar. Zuckerbrot und Peitsche. Nur dass das Zuckerbrot immer weniger wird. 

Meine Kollegin hat es passend beschrieben: Es ist, als würden wir auf einem Pulverfass sitzen, dass jeden Moment wieder hochgehen kann. Fragen an ihn sind ein Drahtseilakt geworden, da ich gar nicht mehr einschätzen kann, wie er reagieren wird. Schreit er mich an, wird er blöd oder reagiert er normal?!
Wir dürfen nicht einen Termin ausmachen ohne seine Zustimmung. Keine Mail darf versendet werden ohne dass er sie freigegeben hat. Selbstbestimmtes Arbeiten ist etwas anderes. 

Und so wie die Zusammenarbeit, wenn man das überhaupt so nenne kann, momentan ist, besteht für mich keine Chance gesund zu werden. Sondern nur kranker. Immer mehr und mehr.

Er selbet registriert sein falsches Verhalten aber leider nicht mehr. Er ist mittlerweile abgehoben in Sphären, in denen er dies leider nicht mehr wahrnimmt. Früher war er Teil unseres Teams. Heute leider nicht mehr. Er bemerkt nicht, wie schlecht die Stimmung bei uns ist und das wir auf dem Zahnfleisch gehen. Meine Kollegin sagte, dass sie letztens sonntags heulend zu Hause saß, weil sie montags zur Arbeit musste. Gestern schrieb sie mir, dass ihr richtig schlecht ist, weil er da ist. Willkommen in meiner Welt. Da war ich auch an diesem Punkt. Schon mehrere Male. 

Er nimmt sich selbst als Maß aller Dinge, aber er ist auch Chef und kann sich vieles erlauben, was wir nicht können. Ich habe mittlerweile soviel Frust in mir, auch ihm gegenüber, ohne dass ich ihn rauslassen kann. Und das frisst mich auf. Aber auch Wut. Für wen oder was hält er sich, zum Teufel nochmal, dass er so mit uns bzw. mir umgeht?!?! Ich bin es so leid sein Fußabtreter zu sein!!! Ihn andauernd zu bedienen, sein Essen zu holen, private Dinge für ihn zu erledigen, wie z.B. seine Hochzeit zu organisieren (und dafür ein läbsches Essen ausgegeben zu bekommen), die Bürotür hinter ihm zu schließen, wenn er morgens reinkommt (er macht das nicht selbst. Einer von uns muss extra aufstehen und sie zumachen!!!!). 

Ich bin es so leid! Nicht, weil mir ein Zacken aus dem Krönchen fällt, weil ich o.g. Dinge mache, sondern weil nichts gut genug ist für ihn. Und wir als ,Dank' nur angebrüllt werden, sobald ihm irgendwas querkommt. Sogar, wenn Kollegen Fehler machen, bekommen wir es ab. Zu anderen ist es echt freundlich, aber die engsten seiner Mitarbeiter macht er rigoros und stetig runter. Da lässt er Dampf ab. 

Ich weiß, dass er auch viel Stress und Druck hat. Ich würde auch für kein Geld der Welt mit ihm tauschen wollen. Aber ich kann nicht dafür! Es ist nicht meine Schuld, dass er überlastet ist. Ich und auch meine Kollegin machen so gut wir können, um es ihm so recht wie möglich zu machen, aber da er zu einem absoluten Kontrollfreak mutiert ist, kann ihm auch keiner Arbeit abnehmen. 

Warum ich ihm das nicht einfach mal alles sage? Gute Frage. Die Antwort ist vielschichtig: 
Ich mag meinen Job. Wirklich. Auch wenn es sich oben nicht so anhört. Ich mag es, dass ich so mit vielen Menschen aus 14 Ländern zusammenarbeiten kann. Ich mag das organisieren von Konferenzen, Veranstaltungen und auch seine Termin- und Reiseplanungen. Und meine Kollegen. 

Aber vor allem habe ich zuviel Angst vor den Konsequenzen, wenn ich ihm einen Spiegel vorhalten würde, wie sein Verhalten ist. Er würde es nicht annehmen und mich spüren lassen, dass ich es gewagt habe ihm dies ins Gesicht zu sagen. Und zwar heftig. 

Und, fatalerweise, will ich nicht, dass er enttäuscht von mir ist. Wie krank ist das bitteschön?!?! Und er wäre enttäuscht. Und würde es als persönliche Beleidigung empfinden, wenn ich weggehen würde. Denn in seinen Augen sieht er nur die Dinge, die er für mich getan hat und wie verständnisvoll er war, als ich krank war. Wie gesagt, er kann auch nett sein. Und es hat auch Zeiten gegeben, da habe ich gerne für ihn gearbeitet. Da war er wirklich noch einer von uns. Und auch da war er schon Chef. 

Aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass sein Nettsein nur noch kalkül ist. Er weiß, wie er anfangs die Leute damit einfängt und an sich bindet. Und schon hat er sie an der Angel. Und wir kleinen Fische, mit Gehirnen so groß wie ne Erbse, hängen daran und zappeln uns einen ab. Wenn aber einer von uns es wagt mal gegen ihn aufzumucken, wie im Februar mein Kollege, rastet er aus mit Rumbrüllen, Türen knallen etc. Und was hat es meinem Kollegen gebracht - Nix. Gar NIX. 

Außerdem – was ist, wenn es anderswo noch schlimmer ist?!?! Was, wenn der neue Chef noch schlimmer ist? Die neuen Kollegen ätzend. Ich mich selbst total überschätze und eigentlich nicht viel drauf hab. Hier in meinem ,alten' Job beherrsche ich die zu erledigenden Tätigkeiten aus dem Effeff. Und ich verdiene gut, selbst mit einer 30-Stunden-Woche. 

Aber ich arbeite eh mehr. Ich habe wieder soviel seit Anfang letzten Jahres gearbeitet, dass ich nun geradewegs wieder in die Reha könnte. Und mich eine tiefe Verzweiflung packt, wenn ich an die vor mir liegenden Wochen denke. Ich bin zu müde, um mich hinzusetzen und eine Bewerbung zu schreiben. Und ich weiß nicht, ob ich in meinem momentanen Zustand es schaffen würde eine neue Stelle anzufangen.

Ich hab einfach Angst und ich weiß nicht, wie ich aus dem von mir selbst geschaffenen Teufelskreis wieder rauskommen soll. Und das Schlimme ist, ich weiß das alles und fühle mich trotzdem total ohnmächtig und hilflos und kann nichts daran ändern. 

Nur leider verfliegt so die Zeit. Und dieses Leben ist nunmal keine Demoversion von meinem ,richtigen' Leben, sondern es ist mein richtiges Leben. Und ich kann nicht einfach Reset drücken und die Zeit zurückdrehen. Oder wie beim Monopoly auf Start zurückkehren und alles nochmal von vorne beginnen. Inkl. einem netten Sümmchen an Startgeld. 

Dies ist mein Leben und soweit ich weiß ist dies auch mein einziges. Also, warum mache ich es mir so schwer und lebe nicht einfach so, wie ich es will. 

Weil ich Angst hab. 

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