Freiheit

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Freitag, 15. April 2016

Hello again

Es ist nun schon eine Weile her, dass ich meinen letzten Blogpost hier verfasst habe. Und ich wünsche, ich könnte dir sagen, wie gut es mir geht. Dass mir die Sonne quasi aus dem Hintern scheint. Leider ist dem nicht so.

Es ging mir auch wirklich gut. Ich habe meine Yogalehrer - Ausbildung genossen und regelmäßig Yoga zu Hause gemacht. Jeden Sonntag gab ich Privatstunden für ein paar Freunde und Bekannte. Ich hatte endlich Zeit für mich. Konnte Sport machen und auch am Wochenende Unternehmungen.

Leider kommt nach so einem Hoch oftmals auch wieder ein Tief. Und genau das kam. Langsam, schleichend. Hat sich von hinten an mich angepirscht.

Auf der Arbeit wurde es immer unerträglicher. Nur Brüllerei. Meine Kollegin und ich sind nur noch auf Zehenspitzen um unseren Chef geschlichen. Sie hat es sehr passend beschrieben: Es ist, als würden wir auf einem Pulverfass sitzen, das jeden Moment wieder hochgehen kann. Als es mir gut ging, ist das alles noch relativ an mir abgeprallt. Die Arbeit war nicht mehr mein Mittelpunkt. Ich hatte ja jetzt ein Leben außerhalb des Jobs.

Leider musste ich auf Grund des hohen Arbeitsaufwands meine Stunden wieder von 30 auf 35 die Woche erhöhen, da ich mir dachte, dass ich auch dafür bezahlt werden kann, wenn ich sowieso schon andauernd Überstunden mache und mehr als Vollzeit arbeite. Als dann noch ein Kollege krank wurde und ich seine Arbeit aufs Auge gedrückt bekam - als Teilzeitkraft und ohne nachfragen, ob ich noch Kapazität habe oder nicht - ging es langsam aber sicher wieder bergab. Dazu noch das unangenehme Arbeitsklima mit meinem Chef und mein Schutzwall bröckelte Steinchen für Steinchen in sich zusammen.

Freizeit wurde wieder zum Luxusgut. 

Aber ich dachte, ich habe noch Reserven und fing eine Ausbildung zur Heilpraktikerin an, die jedes Wochenende stattfindet. Wie bestimmt schon erwähnt, bin ich äußerst masochistisch veranlagt. Anders kann ich es mir nicht erklären. 

Denn anstatt mir Ruhe und Entspannung zu gönnen, setzt ich noch einen drauf und mache mir noch Freizeitstress. Mein Hintergedanke war, dass ich zwei Jahre noch aushalten muss, dann hätte ich die Ausbildung beendet und könnte mich in einer Gemeinschaftspraxis als HP selbstständig machen. Aber zwei Jahre können echt lang werden, wenn du schon wieder in die Knie gezwungen wurdest. 

Und auch all meine Stress-Symptome kamen trotz täglicher Tablette wieder: 
Die Albträume. Die Schlaflosigkeit ab 03.00/03.30 Uhr jede Nacht, egal wann ich ins Bett gehe. Die Schwächegefühle in meinen Armen. Die Hitze, die mir durch die Arme bis in die Fingerspitzen schießt. Migräne an fast jedem Wochenende. Schmerzen auf der linken Seite im Brust- und Rückenbereich. Wenn ich frei habe, schlafe ich, da ich wieder so erschöpft bin. Oftmals komme ich von der Arbeit und gehe direkt ins Bett. Glücklicherweise habe ich bisher noch nicht die Angst wieder so stark, dass sie komplett meine Gedanken bestimmt und ich wie mit Scheuklappen nur noch auf sie fokussiert bin. 

Anfang diesen Jahres wurde es wieder so schlimm, dass ich dachte, ich müsste mich wieder krankschreiben lassen und in die Reha gehen. Die Wirkung der Tablette, die ich täglich morgens nehme, ließ nach. Anscheinend ist die Dosierung nicht mehr hoch genug, aber ich will nicht noch mehr Tabletten nehmen. Daher erhöhe ich die Dosierung nicht. 

Erna wohnt natürlich immer noch bei mir. Mit dem Ausziehen hat sie's nicht so. Dafür gefällt es ihr viel zu gut bei mir. Erna ist bei mir richtig aufgeblüht. Sie hat nun bei einem ihrer VHS Seniorenkurse einen älteren Herren kennengelernt. Er heißt Fred. Fred Frust. Sehr zu meinem Verdruß wohnt Fred nun quasi auch bei uns. Wie du dir vorstellen kannst, ist das Zusammenleben mit den beiden älteren Herrschaften nicht immer einfach. Aber dazu in einem anderen Blogpost mehr. 

Die HP Ausbildung habe ich erstmal auf Eis gelegt. Leider muss ich weiterhin bezahlen. Was nicht gerade wenig ist. Aber somit habe ich zumindest die Wochenenden wieder frei. Da ich die Yogalehrer - Ausbildung mit Zertifikat bestanden habe, gebe ich selbst nun Yoga - Workshops. Auch hierbei heißt es 'Gut Ding will Weil haben', denn leider etabliert sich die Teilnehmerzahl nur sehr schleppend. Ich muss mir natürlich erstmal einen Namen machen. Und da ich noch einen festen Job habe, ist es nicht so einfach nebenbei noch Yoga zu unterrichten. Zumindest unter der Woche. 

Was mir aber am meisten widerstrebt ist, dass ich keinen Spaß mehr habe. Mir ist nicht mehr zum Lachen oder zum Albern sein zumute ist. Von fröhlich sein ganz zu schweigen. Kennst du das? Wenn du dich so dumpf und müde fühlst, als wärst du in einer Wolke und bekommst alles um dich rum nur noch durch einen Schleier mit und nichts kommt richtig an dich ran. So fühle ich mich. Als würde mein Körper auf Sparflamme laufen. All meine Kraft geht wieder nur dafür drauf, dass ich meine Arbeit einigermaßen hinbekomme und für andere Dinge reicht sie leider nicht mehr aus. 

Ich frage mich, was nur mit mir passiert ist, dass ich so wurde. So unlustig. So verkrampft. So unglaublich müde. So sehr Stock-im-Arsch-mäßig. Denn so fühle ich mich. Ich meine, in dem Sektor, in dem ich arbeite, ist nicht viel Platz für Andersartigkeit, Freigeist und Kreativität. Und was nicht passt wird eben passend gemacht. Ich habe mich so sehr in diese Form gezwängt und gepresst, um dazuzugehören und reinzupassen, dass ich mich selbst so sehr verformt habe und ich nicht weiß, ob ich jemals wieder ich selbst sein werde.  

Wenn ich in den Spiegel schaue, blicken mir wieder zwei traurige Augen entgegen. Die Falten um meinen Mund werden immer tiefer und die Mundwinkel zeigen langsam aber sicher nach unten. Und das will ich nicht. Ich will es einfach nicht. Ich will nicht so kaputt sein. So fertig. So um jede Lebenslust beraubt. 

Ich will lachen bis mir die Tränen kommen. Singen bis ich heiser bin. Tanzen, so ausgelassen, dass mir schwindelig wird. Lieben bis die Schmetterlinge durch meinen ganzen Körper rasen. Und einfach genießen können. 

Um wieder ein bisschen zu mir selbst zu finden, gönne ich mir nun seit Anfang April einen Urlaub in Südafrika. Ganz allein. Ich kenne hier niemanden. Bin aber in ein Haus gezogen, in dem ich mit ca. 20 anderen Personen lebe. Und ich bin total begeistert!! Hier könnte ich es mir vorstellen den europäischen Winter zu verbringen, denn dann ist hier Sommer. Das wäre toll! Wenn ich weiterhin an meinen beiden weiteren beruflichen Standbeinen arbeite, hoffe ich, dass sich dieser Traum bald erfüllen wird. Seitdem ich hier bin sind auch die Alpträume und die Schmerzen weg. Ich schlafe zwar immer noch viel zu wenig, aber ich bin hier so entspannt, wie schon lange nicht mehr. 

Du fragst dich, ob ich Heimweh habe? Ehrlich gesagt - nein. Nicht mal einen Anflug von Heimweh. Dafür fühle ich mich zu gut hier. Und ich glaube, dass nur die Personen Heimweh haben, die ein richtiges 'Heim' haben. Die sich dort geborgen fühlen. Geliebt. Die jemanden haben, der auf sie wartet. Die nicht erst in die Ferne streifen müssen, um sich als Ganzes zu fühlen. Und um endlich nochmal glücklich zu sein. 

Was ich damit meine ist, dass es für mich keinen Unterschied macht, ob ich in meinem Heimatort bin oder hier. Ich sehe meine Familie auch nur alle paar Monate, wenn ich daheim bin und wir kommunizieren per WhatsApp. Daher könnte ich schon drei Monate am Stück hier bleiben auch ohne Heimweh. 

Hier habe ich mein eigenes Zimmer mit Bad und kann mich dorthin zurückziehen, wenn ich allein sein will. Ich kann aber auch in den Gemeinschafts- und Arbeitsraum gehen, wo alle sind, um zu essen, zu arbeiten oder zu quatschen. Und das fehlt mir zu Hause. Das Gemeinschaftsgefühl, das wir hier haben. Die gemeinsamen Unternehmungen. Das Beisammensein beim Arbeiten, Essen etc. 

Da ich leider in 2 Tagen wieder zurück nach Hause fliege und in 4 wieder arbeiten muss, merke ich, wie meine Stimmung wieder drastisch sinkt. Ich habe Magenprobleme und grübele wieder viel. Auch ziehe ich mich von den anderen Leuten um mich herum zurück. Ich hoffe, ich kann morgen wenigstens noch ein bisschen die Gedanken an zu Hause wegdrängen und den letzten Tag hier genießen. 




Hast du in letzter Zeit auch eine Krise durchgemacht? Wie bist du damit umgegangen? Hinterlass mir doch eine Nachricht in den Kommentaren. 

Mittwoch, 3. Juni 2015

Erna is back in da house

Erna habe ich in den letzten Monaten nur ab und an zu Gesicht bekommen. Wir brauchten wohl beide eine kleine Verschnaufpause voneinander, nachdem sie beim Rückflug aus Australien fast die ganze Zeit quasi auf meinem Schoss gesessen und mir vorgehalten hat, dass wir auch mit nem Schiff hätten fahren können, wäre ich bloß nicht so stur gewesen und hätte auf die vier Wochen in Melbourne bestanden. Eine hätte es schließlich auch getan, dann wären noch drei für die Rückreise übrig gewesen. Wir haben uns 30 Stunden am Stück bloß angezickt und waren beide ziemlich genervt voneinander und abgesehen von einer kleinen Stipvisite im März, hatte ich sie daher nicht oft gesehen. 

Zacharias blieb natürlich bei mir (das war bestimmt meine Strafe fürs Ungehorsamsein) und wir beide haben uns, sagen wir mal....... arrangiert. Ich komme nicht in seinen Tanzbereich, er kommt in meinen wie und wann es ihm passt. So ist er halt, der Herr Zacharias. Seitdem Erna Englisch lernt, hat er einen etwas sonderbaren Spleen entwickelt und denkt, er stamme von einem englischen Adels-Katzengeschlecht ab. Er reagiert nur noch, wenn man ihn mit ,Herr Zacharias' in einer leicht säuselnden Stimmlage anspricht und trinkt nun kein Wasser mehr, sondern nur noch Earl Grey Tee. Herabgekühlt auf Zimmertemperatur und garniert mit einer hauchdünnen Bio-Zitronenscheibe. Der Kater hat echt den Knall nicht gehört...... 

Aber zurück zu Erna. Wie gesagt, ich hatte sie länger nicht gesehen, umso überraschter war ich dann auch, als sie plötzlich vor zwei Wochen wie ein junger Wirbelwind wieder zur Tür hereingedüst kam. Und blieb. Ich war davon ausgegangen, dass sie auf einer ihrer Seniorenfahrten einen älteren Herren kennengelernt und ihm schöne Äuglein gemacht hat. Man (ich) glaubt es kaum, aber sie kann ganz charmant sein, das alte Mädchen. Gar recht kokett, wenn ich es in ihrer altmodischen Ausdrucksweise wiedergebe. Ich dachte, sie würde nur schnell frische Wäsche holen (die ich natürlich wasche) und würde sich wieder von dannen machen. Aber nein. Ich räumte gerade die Einkäufe in die Schränke, da schwang sie sich auf einen der roten Barhocker und ich spürte ihren Blick im Rücken. 

,,Ganz schön leichtfüßig für fast 90", sagte ich über meine Schulter zu ihr. ,,Da hat wohl jemand nochmal etwas Öl in dein Getriebe geschmiert." Ich war schlecht drauf und wollte sie provozieren. Morgens hatte ich mein kleines Schweini Coco einschläfern lassen müssen, weil sie beide Hinterbeinchen nicht mehr bewegen konnte und ich brauchte jemanden an dem ich meinen Frust auslassen konnte. Hätte ich mir denken können, dass Erna das nicht auf sich sitzen lassen würde und ich wappnete mich innerlich. Ich hatte den ganzen Tag die Vorboten der Angst gespürt - die Übelkeit, das Schwächegefühl in den Armen, das innere Zittern, die Kälte. 

Die Angst erfasste mich wie eine Flutwelle, schwappte über mich und sog mich in ihren Strudel. So stark, dass ich mich an der Anrichte festklammern musste, um nicht mit dem Gesicht geradewegs auf die Fliesen zu knallen. Übelkeit stieg in mir auf und ich würgte. Schön tief ein- und ausatmen. Es geht vorbei. Es geht wieder vorbei. Dieses Mantra wiederholte ich innerlich. 

Plötzlich stand Erna neben mir und ich machte mich auf den nächsten Schwung bereit, da zog sie mich plötzlich an sich und in ihre Arme. Ich war wie erstarrt. Stocksteif stand ich da, das Kinn auf ihrer Schulter, während sie mich in den Armen hielt und mir mit einer Hand über den Rücken streichelte. Ich fragte mich kurz, ob ich mir vielleicht doch den Kopf gestoßen und kurz das Bewusstsein verloren hatte. Da fing sie an zu summen und schließlich leise zu singen. Vielleicht hatte sie sich ja auch den Kopf gestoßen...... 

Das Lied kannte ich. Es heißt ,Zwei kleine Sterne' und ich kenne es in der Version von Heintje. Ja! Heintje!! Als Kind war ich ein großer Fan, hab meine Kassette hoch und runter gehört, seine Filme angeschaut und ich kann noch immer manche Lieder mitsingen. Die Lieder erinnern mich an meine Kindheit. An meine Großeltern. Manchmal, wenn ich traurig bin und meine Oma sehr sehr vermisse, höre ich mir die Lieder auf Youtube an. Auch diesmal blieb der Effekt von Erna's Gesang und diesem Lied nicht ohne Wirkung. Ich heulte wie ein Schlosshund. Wegen Coco, meinem kleinen Schweini. Wegen dem Todestag meiner Oma 3 Tage vorher. Und weil ich mich so allein fühlte. Ich weinte und weinte und weinte. Und es hat gutgetan. Es alles rauszulassen. Erna hielt mich im Arm und ließ mich weinen und das hat die Angst irgendwie erträglicher gemacht. 

Als ich dann nach einiger Zeit erschöpft schlafen ging, legte Erna sich neben mich. Was ich auf sonderbare Weise als tröstlich emfand. Seit ein paar Tagen hatte ich wieder Einschlafprobleme und auch in dieser Nacht fiel es mir schwer das Gedankenkarussell abzustellen. Nach unzähligen Malen des Umherdrehens war diesmal ich diejenige, die anfing zu singen. Ein Mantra. Und Erna hörte zu. 

Seit dieser Nacht ist Erna wieder da. Aber sie drängt sich nicht mit aller Macht auf, so wie früher, sondern ist vielmehr stiller Beobachter und wenn ich sie brauche, ist sie neben mir. Sie hat sogar Gefallen am Yoga gefunden und wir tüfteln gerade an einer gemeinsamen Idee. 

Angst ist nicht immer mein Feind. Manchmal zeigt sie mir auch, dass ich locker lassen muss und auch mal schwach sein darf. Den Schmerz und die Tränen rauslassen kann. Meine Welt wird nicht direkt von einer Angstphase verschlungen, wenn ich Gefühle zulasse. Die Angst beschützt mich vor Dingen und Personen, die mir ein komisches Gefühl verursachen und mit denen ich nichts zu tun haben will. 

Selbst bei Erna, der krankhaften Angst, weiß ich mittlerweile, dass sie phasenweise in mein Leben eintritt, aber das sie auch wieder geht. Und dass ich ihr dann bei ihren Besuchen nicht mehr so hilflos gegenüberstehe wie noch in 2013. Sicher, ich komme noch ins taumeln, wenn sie mir aus heiterem Himmel einen ihrer Spontanbesuche abstattet und mich unvorbereitet erwischt, aber ich falle nicht mehr so tief. Und so hart. Natürlich helfen mir die Tabletten. Und Yoga. Und all die anderen Dinge, die ich bereits in meinem Leben geändert habe. Sowie meine Träume und Pläne. 

Wahrscheinlich wird Erna immer Bestandteil meines Lebens bleiben. Soviel musste ich mir nach fast zwei Jahren mit ihr schon eingestehen. Aber ich will weiter an mir arbeiten, damit ich in naher Zukunft lerne auch ohne Tabletten mit ihr zu leben. 

Mit ihr. Und ihrem schrulligen Kater. 

Wir sind schon ein seltsames Gespann.......