Freiheit

Freiheit

Sonntag, 17. Mai 2015

Und die Welt dreht sich weiter

Eigentlich hätte heute vor vier Jahren meine Welt untergehen sollen. Daran hatte ich nie einen Zweifel. 
Aber das ist sie nicht. Sie ist nur bis in die Grundmauern erschüttert worden und ich baue sie heute noch Stück für Stück wieder auf. Aber sie dreht sich weiter und weiter und alles nimmt seinen Lauf, im gleichen Tempo. Ich habe sie in den Angeln gehalten, so fest gehalten, dass es mich eine fast übermenschliche Kraft gekostet hat und diese Anstrengung alles beisammenzuhalten, nichts fühlen zu müssen, mir und anderen vorzumachen, dass alles in Ordnung sei und alles zu unterdrücken, hat mich fast meine Gesundheit gekostet. Aber ich wollte nicht schwach sein. Ich wollte dir, mir und den Anderen beweisen, dass ich stark bin. Und das hat mich letztlich doch noch zu Fall gebracht. Und ich hab mich schwächer und hilfloser gefühlt, als jemals zuvor. Und du warst nicht da. Das erste Mal in meinem Leben, warst du, als ich dich so dringend gebraucht habe, nicht bei mir. Und ich fühlte mich so einsam und verlassen.

Ich sehe dieselben Leute. Tagein. Tagaus. Im Bus, in der Bahn, auf der Arbeit. Niemand bemerkt die riesige Wunde. Damals nicht. Und heute nicht. Dabei klafft ein riesiges Loch in meiner Brust, das ich spüren kann. Auch nach vier Jahren noch. Aber das Leben geht weiter. Jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen. Ist mit seinen eigenen Sorgen und Nöten beschäftigt. Dabei frage ich mich manchmal, wie ich so überhaupt existieren kann. Wie kann das Leben einfach weitergehen? Wie können die Menschen um mich herum lachen, essen und so tun, als sei nichts geschehen, wo du doch gestorben bist und bei mir nichts mehr so ist, wie es mal war. 

Vier Jahre - so kurz und doch so un-end-lich lang, dass es mir vorkommt, als wärest du schon Ewigkeiten fort. Und ich vermisse dich. Und doch fühlt sich dieses Wort - vermissen - nicht annähernd passend an. Zu klein dafür, was ich wirklich empfinde. Zu nichtig für den ganzen Schmerz, die Tränen und den Kummer. 

Man sagt, dass der Schmerz irgendwann nachlässt. Das mag stimmen. Aber dafür ist etwas anderes an seine Stelle getreten, das ich nicht richtig benennen kann. Und es ist schlimmer. Viel schlimmer. Es ist eine Leere, die du hinterlassen hast und sie kann nach wie vor durch nichts und niemanden gefüllt werden. Egal, wie viele neue Leute ich treffe, was ich auch unternehme, wie viel Yoga auch immer ich mache -  ich fühle diese Leere. 

Und du fehlst mir so sehr. Jeden einzelnen Tag. Ich hab dir vorgeschlagen, dass wir uns in meinen Träumen treffen, aber an solche Träume hatte ich nicht gedacht. Bei diesen Treffen lebst du und es ist schön, dich zu sehen. Für den ersten Moment. Aber ich weiß immer, dass du krank bist und sterben wirst und ich alles nochmal erleben muss. Und das macht die Träume so furchtbar. Und grausam. So schlimm, dass ich manchmal Angst habe, einzuschlafen. 

Und ich träume oft von dir. Fast jede Nacht. Manchmal, wenn ein Traum in seiner Heftigkeit besonders schlimm war, besucht mich in den Nächten danach ein alter Freund, den ich früher in der Schule kannte. Der aber auch schon lange tot ist. Mit 18 bei einem Motorradunfall verunglückt. Einmal sind wir miteinander im Bus gefahren. Ich bin eingestiegen und da war er. Ich hab mich wie selbstverständlich neben ihn gesetzt, er hat den Arm um mich gelegt, ich den Kopf an seine Schulter und wir haben stillschweigend nebeneinander gesessen. Wir reden nie. Aber das müssen wir auch nicht. Er tröstet mich - auch so. 

Aber ich werde nicht aufgeben. Ich kämpfe weiter. Auch wenn es manchmal unsagbar schwer ist. Ich möchte noch so viele Orte und Dinge auf dieser Welt sehen. Die Wale. Und das Polarlicht. So wie ich es dir versprochen habe. Und den Baikalsee. Weil du dir immer so gerne die Sendungen darüber im Fernsehen angeschaut hast. Mit deiner riesigen Sonnenbrille aus den Siebzigern auf der Nase. Wegen der Strahlen. 

Nacht, Ömschen. Schlaf gut. Dicker Kuss. Ich hab dich lieb. bis morgen früh! 


Song: If I ever leave this world behind von Flogging Molly 


IF I EVER LEAVE THIS WORLD ALIVE SONGTEXT

If I ever leave this world alive
I'll thank for all the things you did in my life
If I ever leave this world alive
I'll come back down and sit beside your feet tonight

Wherever I am, you'll always be
More than just a memory
If I ever leave this world alive

If I ever leave this world alive
I'll take on all the sadness that I left behind
If I ever leave this world alive
The madness that you feel will soon subside

So, in a word, don't shed a tear
I'll be here when it all gets weird
If I ever leave this world alive

So when in doubt, just call my name
Just before you go insane
If I ever leave this world, hey, I may never leave this world
But if I ever leave this world alive

She says I'm okay, I'm alright
Though you have gone from my life
You said that it would
Now everything should be all right

She says I'm okay, I'm alright
Though you have gone from my life
You said that it would
Now everything should be all right


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